Das Kinderfamilienprojekt in der Region begann 2004 in Zusammenarbeit mit der Pfarrei Mwezi. Es wurde 2008 auf die Pfarrei Nyamasheke ausgeweitet und 2009 auf die Pfarrei Nyabitimbo. Mittlerweile ist es von den Pfarreien unabhängig, nur die Namen der Projektorte sind geblieben. Seit 2006 unterstützt Aktion Tagwerk das Kinderfamilienprojekt.
Das Kinderfamilienprojekt ist ein soziales Projekt: Eine Kinderfamilie besteht aus Geschwistern, die beide Eltern verloren haben. Die Eltern sind häufig an Krankheiten wie beispielsweise Aids, Malaria oder Tuberkulose gestorben. Manche Eltern kommen auch, aufgrund von schwierigen Lebensverhältnisse, mit sich selbst und ihrer Verantwortung gegenüber ihrer Familie nicht mehr zurecht und haben ihre Kinder aus diesem Grund zurückgelassen. Gerade die Väter verlassen oft die Kinder, wenn die Mutter stirbt, heiraten eine andere Frau und kümmern sich nicht mehr um ihre frühere Familie. Das älteste Geschwisterkind übernimmt in einer sogenannten Kinderfamilie die Elternpflichten. Aufgrund von Armut und Problemen, den Alltag zu organisieren, besteht die Gefahr, dass die Kinder sich zerstreiten, ihr Land verlassen, in die Städte flüchten und zu Straßenkindern werden. Oft können sie wegen mangelnder Kenntnisse ihr eigenes Land nicht bestellen und ihre psychischen Probleme nicht bewältigen. Fehlendes Wissen über Hygiene und Ernährung gefährdet ihre Gesundheit.
Oft heiratet der/die Älteste oder läuft weg und überlässt damit die Eltern-Pflichten dem Nächst-Ältesten. Das jüngste Familienmitglied kann auch manchmal das Kind des ältesten sein, oder das Kind eines verstorbenen/weggelaufenen älteren Geschwisterkindes.
2019/20 werden rund 300 Kinderfamilien, mit insgesamt ca. 850 Kindern, in den beiden Distrikten Nyamasheke und Rusizi unterstützt (Stand: Dezember 2019).
Projektleiter ist Léopold Ruzibiza in Kigali.
Rund 103.000 €, zur Aufrechterhaltung der regelmäßigen Aktivitäten (Schulbesuch, Krankenversicherung, Gehälter für Landwirtinnen und Landwirte, Psychologinnen und Psychologen etc.) und für die Anschaffung neuer Solarlampen sowie energiesparender Öfen.
148.000 € (davon ca. 8.000 € für die Anschaffung energiesparender Öfen) für die Betreuung und Beratung der 300 Kinderfamilien durch AgronomInnen und PsychologInnen in den Distrikten Nyamasheke und Rusizi sichergestellt. Darüber hinaus werden die Kosten für Schulbildung oder Berufsausbildung und Krankenversicherung übernommen sowie für Trainings und Aktionen in den Ferien. Je nach Bedarf erhalten die Kinderfamilien weitere individuelle Unterstützung.
Der überwiegende Teil der ca. 850 Kinder und Jugendlichen besucht reguläre Schulen in der Umgebung.
Seit 2014 erhalten Jugendliche aus Kinderfamilien auch die Möglichkeit eine Berufsausbildungen in Berufsbildungszentren zu absolvieren. Die ersten Ausbildungsjahrgänge machten ihre Ausbildung in den Bereichen Schneiderei, Maurerei, Schreinerei, Schweißerei, Mechanik und Kosmetik. 2018/2019 sind in den genannten Ausbildungsberufen 30 Jugendliche eingeschrieben.
Eine Berufsausbildung kommt nicht für jede(n) in Frage. Die familiäre Situation muss es erlauben, das heißt, ein weiteres Familienmitglied muss alt genug und in der Lage bzw. bereit dazu sein, sich um die kleineren Geschwister zu kümmern, während der Auszubildende seiner Ausbildung nachgeht.
Es gibt fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Kinderfamilienprojekt: drei Agronominnen und Agronome für die landwirtschaftliche Beratung sowie zwei Psychologinnen.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützten die Kindefamilien bei der Bewältigung ihrer Probleme. Je nach individueller Situation ist gegebenenfalls rechtliche, in jedem Fall aber psychosoziale Hilfe gefragt. Kinder und Jugendliche mit besonders ernsten psychischen Problemen behandeln die Psychologinnen in Gruppen- oder Einzeltherapie.
HHN zahlt allen die Krankenversicherung. Zwischenzeitlich waren einige Familien in der Lage und stolz darauf, das selbst zu tun. Doch seit der Beitrag für die Krankenversicherung sich verdreifacht hat, ist es wieder für alle Familien im Projekt zum ernsthaften Problem geworden.
Nein. Sie bekommen beigebracht, wie sie sich selbst versorgen können.
Die jetzigen Familien sollen in die Unabhängigkeit geführt werden und neue Familien sollen aufgenommen werden, um den gleichen Weg zu beschreiten. Das Projekt einmal abschließen zu können ist ein sehr langfristiges Ziel, da Malaria, Tuberkulose und vor allem HIV/AIDS gerade im ländlichen Ruanda sehr auf dem Vormarsch sind. HHN betreibt viel Aufklärung zu Themen der Gesundheit und Familienplanung.
Es werden alle Kinderfamilien in den angegebenen Gebieten unterstützt (nicht nur ausgewählte).
Das Kinderfamilienprojekt arbeitet präventiv zur Verbesserung der Lebensumstände dieser jungen Menschen. Hierzu zählen alle Bereiche wie Familie, Erziehung, Schule und Berufsausbildung sowie die Landwirtschaft, zur Sicherung der Ernährung.
Häufig werden auch die Häuser der Kinderfamilien renoviert oder in Einzelfällen neu gebaut, um die Wohnsituation zu sichern.
Das Kinderfamilienprojekt wird von Aktion Tagwerk und Human Help Network e.V. langfristig gedacht und eine baldige Abwicklung ist nicht geplant. Hierbei handelt es sich um mehrjährige Prozesse, die auch langfristig viel Geduld und Einfühlungsvermögen aller Beteiligten verlangen, um auf Dauer diesen Kindern eine wirkliche Hilfe zu sein.
Alice Uwiringiyimana ist mit gerade mal 18 Jahren das Oberhaupt einer Kinderfamilie. Der Vater starb 2003 an AIDS, und ebenso erging es der Mutter einige Jahre später.
Alice kümmert sich seitdem um ihre drei jüngeren Schwestern (Esther 15 Jahre, Emima 11 Jahre, Aline 7 Jahre alt) und ihren kleinen Bruder (Daniel, 13 Jahre). Dies war und ist nur durch die Hilfe der Nachbarn möglich. Zwar konnte keiner die Kinder aufnehmen, aber man gab ihnen ab und zu etwas zu Essen.
Als die Familie ins Projekt aufgenommen wurde, fehlte es an allem. Die älteren Geschwister wollten in die Schule gehen, sie wollten gern etwas auf ihrem kleinen Feld anbauen und Nutztiere halten. Aber vor allem brauchten sie eine Krankenversicherung. In all diesen Bereichen bekamen sie im Projekt Hilfe.
Heute gehen die vier ältesten zur Schule und sind alle sehr glücklich darüber. Trotz ihrer überaus schwierigen Lebenssituation haben alle gute Noten. Zur Schule laufen sie eine Stunde zu Fuß. Da in Ruanda die ersten sechs Schuljahre halbtags im „Schichtsystem“ unterrichtet werden – d.h. eine Gruppe Schüler vormittags und eine nachmittags – ist immer jemand zu Hause, um auf die Kleinste aufzupassen. In den Ferien organisieren die Projektmitarbeiter ältere Schüler, die der Familie helfen, sei es auf dem Feld oder bei Reparaturen am Haus. Die Psychologinnen und die landwirtschaftlichen Berater helfen der Familie wo sie nur können.
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